Demut als Deckmantel der Bequemlichkeit


Unter Christen ist es ein stetiger Trend, sich selbst für klein und unwürdig zu halten. 

„Demut.“

Und keine Frage, wir SIND klein und unwürdig.
Doch Ich vermag alles durch den, der mich mächtig macht, Christus.“ (Phil 4:3)

Sätze wie „Ich fühle mich nicht reif genug.“
„Ich weiß nicht ob ich dazu berufen bin.“
„Ich bin mir nicht sicher ob Gott mich hier haben möchte.“
Sind so oft nur Ausreden, die unter einen tiefgründigen und selbstkritischen (demütigen) Deckmantel gehalten werden. Gegen solche Sätze traut sich kaum jemand, etwas Kritisches zu sagen.

Warum gibt es in vielen Gemeinden wenig bis gar keine Arbeit, die Menschen erreicht, die Jesus nicht kennen?
Weil Gott niemandem in der Gemeinde die Reife und die Begabung gegeben hat. Ganz klar.
Glaubt man den Aussagen.



„Ich weiß nicht ob das meine Berufung ist.“

Ist es nicht oft nur die Bequemlichkeit und die fehlende Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen?

Denn Tatsache ist, dass jeder befähigt und berufen ist, das zu tun. Es scheitert am Menschen, nicht an Gott.
Wenn irgendwo Not an Arbeitern ist wird Gott garantiert dem, der einfach anfängt, eine Gabe verleihen, die er davor nicht glaubte zu haben.

Oft sind wir aber zu bequem oder sehen die Not ganz einfach nicht. Wir haben unser Herz dieser Sache noch nicht geöffnet.



„Ich fühle mich nicht reif genug.“

Was meinen wir mit „Reife“ in diesem Zusammenhang?

 „Ich kann das nicht.“?

Denn gerade diese Einsicht macht uns doch reif, als Gottes Werkzeug tätig zu sein.
Du fühlst dich nicht reif? Super. Bist du auch nicht. Wirst du nie sein. Musst du auch gar nicht.

Mit unseren „Nicht reif genug“ machen wir Gott klein und sprechen ihm die Macht ab.
Klingt hart, ja, aber im Grunde genommen ist es so, auch wenn es definitiv nie die Absicht ist.

Menschen, die so etwas sagen, nutzen häufig auch die Aussage „Ich fühle mich weit entfernt von Gott / Gott nicht nahe.“

Das ist schlicht und ergreifend überhaupt nicht notwendig. 

Unsere Gefühle sind von unserer Umwelt, unserer Ernährung, unserem Schlafverhalten, unserer Einflüsse (ja sogar die Werbung zwischen den Nachrichten), …. abhängig. Bei Frauen noch schwankender als bei Männern.

Und deshalb können und dürfen wir uns nicht auf „unser Gefühl“ verlassen. Diese Erkenntnis hatte ich nach einer Predigt von Joyce Meyer (so umstritten sie in meinen Kreisen auch ist) und ich konnte es nur als pure Erleichterung empfinden. Gottes Nähe ist nicht von meinen Gefühlen abhängig, sie ist eine einfache Tatsache der ich mich gar nicht unbewusst entziehen kann.

Das berühmte „Du machst ein Schritt auf Gott zu und er zwei auf dich.“ Stimmt einfach nicht. Das würde ja heißen dass Gottes Nähe von mir abhängig ist. Ist sie aber nicht. Er ist einfach immer da und der einzige Schritt den ich zu tun habe ist die Einsicht „Ich vertraue darauf dass du meine Unzulänglichkeit gebrauchen kannst.“

Nebenbei: Auszug aus einer Predigt von Hans Peter Royer. Als ein Mädchen sich darüber beschwerte dass sie immer das Gefühl habe, ihre Gebete gehen nur bis an die Decke (ach wir Mädchen und unsere dramatischen Gefühle) sagte er sinngemäß „Warum sollten sie auch über die Decke hinausgehen, Gott ist doch hier.“

Es geht nicht um mein Können und schon gar nicht um mein Fühlen, sondern um mein „mich zur Verfügung stellen“. (Wie mein Bruder es so treffend formulierte.

Und auf Minderwertigkeitskomplexe, was ebenfalls oft als Grund genannt wird, werde ich gar nicht eingehen, denn natürlich bin ich minderwertig aber gut dass ich an Gottes Wert in mir glauben kann und nicht an meinem eigenen zweifeln muss.
Dieses Thema sollte kein Thema sein.


„Ich weiß nicht ob Gott mich da haben möchte.“

Ernsthaft?
Da wird dringend jemand gebraucht der mit seinem Leben von Jesus redet und du denkst, Gott möchte dich da nicht haben?

Wenn jemand gebraucht wird um seine Liebe zu verkünden, möchte Gott dich IMMER da haben. Und wenn es nur vorübergehend ist, bis jemand anderes gefunden wurde der das besser kann.

Abgesehen davon ist die Sache für einige mit diesem Satz schon abgeschlossen. Man versucht gar nicht herauszufinden, wo Gott einen haben möchte. Man weiß anscheinend nur, wo er einen NICHT haben möchte.



„Ich habe keine Zeit.“

Oft eine unbewusste Ausrede. Meistens eine unumstrittene Tatsache. Immer eine Frage der Prioritäten.



Wofür schlägt unser Herz?

Warum schweigen wir?

Warum treffen wir uns regelmäßig, um uns bei Filmen und Gesellschaftsspielen gegenseitig in der Oberflächlichkeit zu bestärken? (Wofür wir Zeit haben, uns reif genug fühlen und sicherlich da sind, wo Gott uns haben möchte)

Warum liegt es unserm Herzen so fern, eine Arbeit zu übernehmen, die so dringend erledigt werden muss, selbst wenn ich mich dazu nicht befähigt fühle?

Es geht doch nicht darum, dass ich was tue, sondern DASS es getan wird.

Es geht nicht darum dass ICH Jungscharleiterin bin, meiner Berufung und meiner Begabung folge und mich richtig fühle und Segen erfahre, es geht darum DASS diese Gruppe angeleitet wird. Dass diese Teens jemanden haben, an dem sie sehen dass er als Häufchen Elend zu Gottes Füßen genau richtig ist und seine Zeit gerne in sie investiert.
Gott hat diese Gruppe nicht für mich gemacht, sondern mich für diese Gruppe.

Es geht doch nicht um mich. Deshalb zählt keine von den oben genannten Ausreden.

Wir stellen unsere Selbstverwirklichung (Gabenfindung, wohl fühlen, Zeit zur „Entspannung“) über Gottes Willen. 
Ich verurteile das.
Ich verurteile das, weil Jesus das verurteilt. Aus dem einen einfachen Grund: Es ist falsch. 

Liegt uns das Evangelium nicht am Herzen?

Ich glaube fest daran dass der tiefe Kern meistens darin liegt, dass Gottes Sache einem nicht am Herzen liegt.

Dass es uns manchmal nicht wichtig genug ist, Gottes Evangelium zu verkünden.
Womit ich nicht meine, auf der Straße zu schreien dass alle in die Hölle kommen, ich meine das echte Evangelium, dass mich von einem unbrauchbaren Menschen, der Materialistisch gesehen 11€ (es sei denn, man besitzt Goldzähne) wert ist, zu einem Wesen macht, das Gott in sich tragen darf. Aus Gnade.

Warum fällt es uns meistens schwer einzustimmen in „Ich kann nicht schweigen, von dem was du getan hast.“ (Jesaja 62:1-2)
 

„Ich habe keine Angst Jesus zu bekennen. Ich schäme mich des Evangeliums nicht.“

Traut sich kaum jemand zu sagen. Es klingt selbstverherrlichend. Und doch sollte das doch die Grundlage eines jeden Christen sein.

Natürlich schäme ich mich manchmal. Natürlich stehe ich oft in dem Konflikt, ob es jetzt Sinn macht, Jesus zu Wort zu bringen, oder ob das eher die gegenteilige Wirkung haben würde.
Natürlich habe ich Kollegen, die nicht wissen dass ich mit Jesus lebe. Jedenfalls wissen sie es nicht aufgrund meiner Worte.
Natürlich MÖCHTE ich Jesus oft nicht zu Wort bringen um nicht besserwisserisch dar zu stehen.
Und ich möchte ja niemanden ermahnen, ich bin ja selbst nicht besser.
Von wegen Balken in eigenem Auge und so.

Das alles ist mein Fleisch. Das, was ich töten muss. 

Ich als Mensch durch Jesus, als sein Werkzeug, habe mich nicht für das Evangelium zu schämen und ich habe keine Angst zu haben und ich habe nicht bequem zu sein.

Ich habe Buße getan dafür, dass ich Jesus verstecke. Dass ich ihn Menschen, die ihn brauchen, vorenthalte. Dass ich ihn als Wohltäter angesehen habe. Als „meinen persönlichen“ Erretter – und nicht der, der anderen.

Ich habe erst gemerkt, wie falsch es ist, als mir Menschen am Herzen lagen, die ohne Jesus leben. Erst, als ich erkannt habe, wie verloren sie sind.
Erst, nachdem ich gebetet habe, dass Jesus mir mein Herz für die Dinge brechen soll, für die sein Herz bricht.
Und jetzt habe ich mein gebrochenes Herz, im Namen Jesu.
Und dieses gebrochene Herz macht mich reif dafür, Jesus vorzuleben. 

Ich lebe aus Gnade. Nicht aus Reife, nicht aus Begabung.
Und DAS ist das, was mich als Erretteten Christen ausmacht.
Das, was mir tiefen Frieden gibt.
Das, was andere inspiriert. 

Ich baue Mist. Täglich. Na und? Ich bilde mir nichts mehr darauf ein. (Auch wenn es mir schwer fällt).
Kein „den anderen kann das ja passieren, aber MIR TOLLEN, REIFEN CHRISTEN doch nicht.“
Kein „ich fühle mich weit entfernt von Gott.“
Denn ich liege am Boden, berühre den Saum seines Gewandes und das bringt mich ihm näher als Erfolge es je tun könnten.

„Nicht dass ich es schon erreicht hätte oder dass ich schon vollendet wäre. Aber ich strebe danach, es zu ergreifen, weil auch ich von Christus Jesus ergriffen worden bin. Brüder, ich bilde mir nicht ein, dass ich es schon ergriffen hätte. Eines aber tue ich: Ich vergesse, was hinter mir liegt, und strecke mich nach dem aus, was vor mir ist.“ (Phil 3:12-13) 

Und was liegt vor mir?

Auf weitem Sinne gesehen die Ewigkeit, klar. Aber die ist nicht meine einzige Hoffnung. Meine Hoffnung ist, dass ich durch Jesus Jesus durch mich in der Lage ist, auf dieser Welt etwas zu bewirken.
Die Erdenzeit mit Jesus ist schon genug Gewinn.
Mein Gnadenleben.

Die Ewigkeit kann nicht meine einzige Hoffnung sein, weil ich überhaupt nicht in der Lage bin, die Ewigkeit zu begreifen. 
Ich bin Gottes Werkzeug. Das ist mein Lebenssinn.
Und vor mir liegt ein ganzes Leben in dem ich beweisen kann, dass Gottes Kraft weit über meinen Charakter, meiner Begabung und meinem Verstand hinausgeht.

Und was liegt hinter mir?

All der Mist, den ich gebaut habe. Jede Unzulänglichkeit, jedes Versagen.
Ich werde nicht mehr daran denken und mich nicht davon runterziehen lassen.

An unsere Unzulänglichkeiten zu denken und sie allen auf die Nase zu binden macht uns nicht demütig!
Es macht uns unzulänglich.
Es führt dazu dass Menschen allein sitzen und niemanden kennen, der mit Jesus lebt.
Es führt dazu, dass wir im Selbstmitleid ertrinken.
Es führt vor allem dazu dass wir Gottes Kraft und Gnade ungenutzt liegen lassen.

Wir geben dem Satan Macht, wenn wir auf unsere Unzulänglichkeiten bestehen und Gottes Gnade und Jesu Wirken nicht zulassen wollen.

Erst wenn wir nicht mehr auf unsere Sünden schauen, nach vorne schauen und mutig weiter gehen und vor allem WEIT gehen – erst dann hat der Satan die Macht über uns verloren.
Erst dann, wenn wir erkennen, dass die Sünde nichts mehr ist, was uns von Gott trennt. 

Sie ist vergeben.
Komplett.
Der Vorhang ist gerissen. 

Wie sollte sie also noch zwischen Gott und mir stehen können? Zweifeln wir an Gottes Vergebung? Ja. Mit jedem „ach ich bin so ein schlechter Mensch.“ Scheinen wir das zu tun.
Ich hatte oft ein Problem mit den Helden der Bibel, allen voran Paulus. Er schien mir eingebildet wie kein anderer und doch war das einzige, worauf Paulus sich was einbildete, die Tatsache, dass er komplett aus Jesus lebte. 

Wir mit unserer Möchtegern-Bescheidenheit.
Wäre Paulus unserer Definition nach „demütig“ gewesen, er hätte sein Leben lang auf dem Vorhof eines Tempels verbracht und sich dafür geschämt, was für ein schlechter Mensch er gewesen ist. Zwischendurch hätte er jemanden erzählt was er früher alles Schlimmes getan hat und hätte mit dem Satz abgeschlossen
„Aber Jesus hat aus mir einen neuen Menschen gemacht.“
Und alle hätten sich gefragt, warum sich dieser neue Mensch versteckt und schämt.

Aber Paulus ist radikal auf Barrikaden gegangen und hat nicht mehr zurück geschaut.

Er war stolz auf Gottes Gnade.
Er rühmte sich dieser Gnade.

Solche Menschen braucht diese Welt. Ja sie sucht sogar danach.

Menschen, die sich weder ihrer Erfolge rühmen, noch in falscher Demut stecken bleiben, sondern aus Gnade leben.
Und sich nicht dafür schämen, sondern stolz darauf sind. 

Wenn ich etwas gemacht habe, was Gottes Reich weiter gebracht hat FREUE ICH MICH. Ja, ich wage es, stolz auf diese Tat zu sein. Warum auch nicht? Ich weiß ja ganz genau dass das nicht ich war. Denn es lebe ja „nicht mehr ich, sondern Christus lebt in mir“ (Galater 2:20). Mir ist schon bewusst dass ich nichts Sinnvolles von mir aus vollbringen kann. Und wenn ich ein Segen sein kann dann beschämt mich das nicht, es freut mich. 

Ich vergesse meine Sünden, vergesse meine Erfolge, nehme die Vergebung an und sehe nach vorne, auf ein Leben aus Gnade - für Gott.

Wenn ich vor Gott stehe und wir zusammen auf mein Leben zurück blicken werden, möchte ich genau das sehen.
Dass ich die Bequemlichkeit, die Minderwertigkeitskomplexe und den Stolz in seinem Namen überwunden habe und er durch mich wirken konnte. 

Weil ich mich zur Verfügung gestellt habe und mich mit Leib und Seele in ihn investiert habe.






„Nicht dass ich es schon erreicht hätte oder dass ich schon vollendet wäre. Aber ich strebe danach, es zu ergreifen, weil auch ich von Christus Jesus ergriffen worden bin. Brüder, ich bilde mir nicht ein, dass ich es schon ergriffen hätte. 
Eines aber tue ich: Ich vergesse, was hinter mir liegt, und strecke mich nach dem aus, was vor mir ist.“ 
 (Phil 3:12-13)


































(Danke an meinen Bruder Genna, der mich davor bewahrte, meine Verallgemeinerung und meine Vorurteile zu veröffentlichen und mir stattdessen weitere Gedankenanstöße gab.)